Das Beckenbodentraining umfasst gezielt Übungen zur Stärkung und Kontrolle der Muskeln im Beckenbodenbereich. Diese Übungen sind wichtig, um Blasen- und Darmbeschwerden vorzubeugen, die Stabilität des Rumpfes zu verbessern und auch die sexuelle Gesundheit zu unterstützen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie ihre Beckenbodenmuskulatur mit einfachen Übungen im Alltag trainieren können. 

Was ist der Beckenboden? 

Der Beckenboden ist die untere Begrenzung des Beckenkanals. Er besteht aus der Beckenbodenmuskulatur, die auch als perineale Muskulatur bezeichnet wird. Diese Muskeln sind wie ein Netzwerk strukturiert, sodass Organe im Beckenbereich gestützt und gehalten werden können. Innerhalb des Muskelnetzwerks befinden sich Öffnungen für den Enddarm, die Harnröhre und die Scheide. 

Aufbau des Beckenbodens 

Der Beckenboden bildet eine komplexe Struktur, die aus verschiedenen Schichten von Muskelgruppen besteht. Die Struktur wird auch von Bindegewebe, Sehnen und Bändern unterstützt. Die Muskelschichten arbeiten zusammen, um verschiedene Funktionen des Beckenbodens zu ermöglichen. 

  1. Innere Schicht (Diaphragma pelvis)
  • Das Diaphragma pelvis ist die stärkste und größte der drei Muskelschichten des Beckenbodens.
  • Es weist eine längsgerichtete Lücke (Levatorenschlitz) für die Harn- und Geschlechtswege auf. 
  • Bei Frauen ist dies die schwächste Stelle des Beckenbodens. 
  1. Mittlere Schicht (Diaphragma urogenitale) 
  • Das Diaphragma urogenitale ist eine etwa ein Zentimeter dicke, trapezförmige Muskelplatte 
  • Es erstreckt sich von der Schambeinfuge bis zu den Sitzbeinhöckern 
  • Es weist ebenfalls eine Öffnung für die Harnröhre und (bei Frauen) die Scheide auf. 
  1. Äußere Schließmuskelschicht 
  • Die äußere Schließmuskelschicht besteht aus mehreren einzelnen Muskeln. 
  • Die Muskeln unterstützen den Verschluss von Anus, Vagina und Urethra. 

Pflegegrad-12345 Hinweis:
Männer haben im Beckenboden insgesamt mehr Muskeln als Frauen. Im Gegensatz dazu weist der weibliche Beckenboden einen höheren Anteil an Bindegewebe auf

Funktionen des Beckenbodens 

Der Beckenboden erfüllt verschiedene wichtige Funktionen im menschlichen Körper. Der Beckenboden spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden, insbesondere bei Frauen. Regelmäßige Beckenbodenübungen können dazu beitragen, die Muskulatur zu stärken. 

  1. Sicherung der Lage der Bauch- und Beckenorgane
    Der Beckenboden hält die inneren Organe an ihrem Platz. Ohne diese Stützfunktion könnten Organe wie die Blase, der Darm und die Gebärmutter absinken oder sich verschieben.
  1. Unterstützung des Verschlusses 

Der Beckenboden trägt auch dazu bei, Anus, Vagina und Urethra zu verschließen. Dies ist wichtig für die Kontrolle von Harn- und Stuhlgang sowie für die sexuelle Funktion. 

  1. Biomechanische Belastung

Aufgrund seiner exponierten Lage am Ende des Abdomens ist der Beckenboden dem Gewicht der Bauchorgane ausgesetzt. Er muss diese Belastung aushalten und gleichzeitig flexibel genug sein, um sich bei bestimmten Aktivitäten zu dehnen. 

  1. Geburt und Beckenbodenschwäche 

Bei Frauen kann es aufgrund der notwendigen Dehnung des Beckenbodens bei vaginalen Geburten zu einer Beckenbodensenkung kommen. Dies führt zu einer Absenkung der Organe im kleinen Becken, wie z.B. der Gebärmutter. Es ist daher wichtig, den Beckenboden nach der Geburt zu stärken, um mögliche Probleme vorzubeugen. 

Ursachen einer schwachen Beckenbodenmuskulatur 

Eine schwache Beckenbodenmuskulatur kann verschiedene Ursachen haben.  Es ist wichtig, auf die Stärkung des Beckenbodens zu achten, um möglichen Problemen wie der Beckenbodensenkung vorzubeugen. Regelmäßiges Beckenbodentraining kann dabei helfen, die Muskulatur zu stärken. 

Hier sind einige Faktoren, die zu einer Schwächung des Beckenbodens führen können: 

  1. Schwangerschaft und Geburt: Während der Schwangerschaft und insbesondere bei vaginalen Geburten wird der Beckenboden stark beansprucht. Dies kann zur Dehnung und Schwächung der Muskulatur führen.
  2. Zunehmendes Alter und Wechseljahre: Mit dem Alter nimmt auch die Elastizität der Muskeln ab, einschließlich der Beckenbodenmuskulatur. Die hormonellen Veränderungen während der Wechseljahre können dabei ebenfalls eine Rolle spielen. 
  3. Ständige Belastung: Chronischer Husten, Übergewicht oder andere anhaltende Belastungen können den Beckenboden schwächen. 
  4. Unterbeanspruchung der Beckenbodenmuskulatur: Wenn der Beckenboden nicht ausreichend trainiert wird, kann dies zu einer Schwächung der Muskulatur führen.
  5. Vorangegangene Operationen: Operationen im Beckenbereich, wie z.B. die Entfernung der Gebärmutter, können die Beckenbodenmuskulatur beeinflussen. 

Folgen einer schwachen Beckenbodenmuskulatur 

Eine schwache Beckenbodenmuskulatur kann zu verschiedenen Problemen führen. Diese Probleme können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. 

  1. Belastungsinkontinenz (Unkontrollierter Urinverlust)  
  2. Unterleibschmerzen
  3. Verstopfung 
  4. Rückenschmerzen 
  5. Schlechte Körperhaltung 
  6. Fehllage der Organe im Bauchraum 
  7. Gebärmutter- oder Scheidensenkung 
  8. Blasensenkung 
  9. Senkung des Darms 
  10. Wahrnehmungsstörung oder Störung des Lustempfindens 

Für wen ist das Beckenbodentraining geeignet?

Das Beckenbodentraining ist für eine Vielzahl von Menschen geeignet und bietet Frauen, Männern und auch Senioren einen breiten Nutzen für die Gesundheit und Lebensqualität. Individuell angepasste Übungen können dabei besonders effektiv sein. 

Für Frauen

Das Beckenbodentraining ist vor allem bei Frauen während der Schwangerschaft und nach der Geburt wichtig, um die überbeanspruchte Beckenbodenmuskulatur zu unterstützen und zu stärken. Es kann einer Schwächung des Bindegewebes vorbeugen und die Inkontinenz reduzieren. Darüber hinaus erleichtert ein regelmäßiges Training in der Schwangerschaft die Rückbildung des Beckenbodens. 

Für Männer

Auch Männer können durch ein gezieltes Beckenbodentraining Inkontinenz vorbeugen und gleichzeitig die Erektionsfähigkeit unterstützen. Spezifische Übungen können beispielsweise nach einer Prostataoperation dabei helfen, die Durchblutung zu verbessern und die Potenz zu unterstützen. 

Für Senioren 

Ein stabiler Beckenboden fördert die Lebensqualität und kann die Inkontinenz auch bei Senioren reduzieren Zudem hilft das Training, Gleichgewichtsproblemen und einer schlechten Körperhaltung vorzubeugen. 

Zudem ist es unter folgenden Umständen ratsam, regelmäßig den Beckenboden zu trainieren: 

  1. Nach Operationen an der Prostata oder am Beckenboden 
  2. Bei bestehenden Erkrankungen wie Diabetes mellitus 
  3. Bei erhöhtem Körpergewicht 
  4. Bei häufigem Rauchen 
  5. Bei einer genetisch bedingten Beckenbodenschwäche 
  6. Bei geringer körperlicher Bewegung 

Pflegegrad-12345 Hinweis:
Letztendlich ist das Beckenbodentraining für alle Personen sinnvoll, da im Laufe des natürlichen Alterungsprozesses unerwünschte Symptome im Bereich des Beckenbodens auftreten können.

Beckenbodentraining bei Blasenschwäche 

Die Blasenschwäche bezieht sich auf eine Reihe von Zuständen, die zu einem Verlust über die Kontrolle über die Blase führen können. Es gibt verschiedene Arten von Blasenschwäche wie Stressinkontinenz, Dranginkontinenz oder Überlaufinkontinenz. Die Blasenschwäche kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter Schwangerschaft, hormonelle Veränderungen, Harnwegsinfektionen, neurologische Erkrankungen oder altersbedingte Veränderungen der Muskeln und Nerven im Beckenbodenbereich. 

Das Beckenbodentraining ist auch eine effektive Methode, um eine Blasenschwäche zu verbessern. Es stärkt die Muskeln, die die Blase unterstützen und kann helfen, die Kontrolle über die Blasenfunktion wieder zu gewinnen. Übungen zur Stärkung des Beckenbodens können das Halten des Urins unterstützen und das Auftreten von ungewolltem Harnverlust reduzieren. 

Darüber hinaus können verschiedene Pflegehilfsmittel helfen, den Alltag mit einer Blasenschwäche zu erleichtern: 

  1. Inkontinenzprodukte wie Einlagen, spezielle Windeln oder Einwegunterwäsche 
  2. Bettschutzeinlagen 
  3. Urinflaschen oder Bettpfannen 
  4. Hautschutzprodukte wie spezielle Cremes oder Lotionen 
  5. Geruchsneutralisierende Produkte wie Sprays oder Pulver 

Vorteile des Beckenbodentrainings 

Das Beckenbodentraining bietet eine Vielzahl von Vorteilen für das allgemeine gesundheitliche Wohlbefinden. Regelmäßiges Training kann die Beckenbodenmuskulatur langfristig stärken und präventiv einer Beckenbodenschwäche entgegenwirken. 

Weitere Vorteile des Beckenbodentrainings sind: 

Verbesserung der sexuellen Funktion 

Ein starker Beckenboden kann die sexuelle Empfindung und Funktion verbessern, sowohl für Männer als auch für Frauen. 

Unterstützung während der Schwangerschaft und nach der Geburt 

Beckenbodentraining kann helfen, die Belastungen während der Schwangerschaft zu bewältigen und die Erholung nach der Geburt zu beschleunigen.

Vorbeugung von Problemen im Alter
Ein trainierter Beckenboden kann dazu beitragen, den natürlichen Rückgang der Muskelkraft im Alter zu verlangsamen und das Auftreten von gesundheitlichen Problemen wie Harninkontinenz zu reduzieren. 

Unterstützung bei Rückenproblemen 

Ein starker Beckenboden kann dazu beitragen, die Haltung zu verbessern und Rückenschmerzen zu lindern. 

Das Beckenbodentraining kann Menschen jeden Alters und mit unterschiedlichen Voraussetzungen zugutekommen. Es unterstützt das allgemeine Wohlbefinden, erhält die Elastizität und Widerstandsfähigkeit von Muskeln, Bändern und Geweben und hilft gleichzeitig, Funktionsstörungen des Körpers vorzubeugen. 

Beckenbodentraining im Alltag 

Es gibt viele Übungen, die zur Stärkung des Beckenbodens beitragen können. Einige davon können auch zuhause durchgeführt und in den Alltag integriert werden. 

Hier sind einige Möglichkeiten, wie Sie das Training in Ihren Alltag einbeziehen können: 

  1. Bewusstsein: Beginnen Sie damit, bewusst Ihren Beckenboden zu spüren. Achten Sie darauf, wie er sich anfühlt und wie Sie ihn an- und entspannen können. 
  2. Kontraktion: Ziehen Sie Ihre Beckenbodenmuskeln zusammen und halten Sie die Spannung für einige Sekunden, während Sie sitzen, stehen oder gehen. Wiederholen Sie diese Kontraktion mehrmals am Tag. 
  3. Sport: Konzentrieren Sie sich bei sportlichen Aktivitäten darauf, Ihren Beckenboden zu aktivieren und zu stabilisieren. 
  4. Alltägliche Bewegung: Beim Heben von Gegenständen oder beim Bücken können Sie den Beckenboden aktivieren, um Ihre Körpermitte zu stabilisieren und die Belastung auf Ihrem Rücken zu reduzieren. 
  5. Atmung: Atemübungen können ebenso den Beckenboden stärken. Achten Sie darauf, tief in den Bauch zu atmen, um dabei den Beckenboden zu aktivieren. 

Pflegegrad-12345 Hinweis:
Es ist wichtig, das Beckenbodentraining nicht erst zu beginnen, wenn Symptome auftreten, sondern präventiv bereits im Vorfeld mit einem Training zu beginnen.

Fünf Beckenbodentraining-Übungen 

Der Beckenboden ist ein wichtiger Muskel, der oft vernachlässigt wird. Ein gezieltes Training kann jedoch helfen, mögliche Beschwerden zu vermeiden. Es gibt zahlreiche Übungen, die man zuhause oder auf der Arbeit durchführen kann. 

Folgende fünf Übungen sind empfehlenswert, um den Beckenboden zu trainieren. Dabei ist es wichtig, diese Übungen regelmäßig zu wiederholen. Beginnen Sie daher mit einer kleinen Anzahl von fünf bis zehn Wiederholungen je Übung und steigern Sie diese allmählich. Sobald Ihr Beckenboden an Kraft gewinnt, können Sie idealerweise auf 15 Wiederholungen pro Übung erhöhen. Konzentrieren Sie sich dabei darauf, bei jeder Übung den Beckenboden auch zu entspannen. 

Übung 1: Brücke 

Legen Sie sich auf den Rücken, beugen Sie Ihre Knie und halten Sie Ihre Füße flach auf dem Boden. Heben Sie Ihr Becken langsam an, indem Sie Ihre Gesäßmuskeln und den Beckenboden anspannen. Halten Sie diese Position für ein paar Sekunden und senken sie Ihr Becken langsam wieder ab. 

Übung 2: Bauchmuskel-Beckenboden-Übung

Legen Sie sich auf den Rücken, beugen Sie Ihre Knie und legen Sie Ihre Hände hinter den Kopf. Heben Sie Ihren Oberkörper an, indem Sie Ihre Bauchmuskeln aktivieren und ziehen Sie gleichzeitig Ihre Beckenbodenmuskeln nach oben. Halten Sie diese Position für einige Sekunden und kehren Sie dann in die Ausgangsposition zurück. 


Übung 3: Stuhlübung

Setzen Sie auf einen Stuhl mit geradem Rücken und entspannen Sie Ihre Schultern. Spannen Sie Ihre Beckenbodenmuskeln an und halten Sie die Position für einige Sekunden, bevor Sie lockerlassen. 

Übung 4: Stehende Übung
Stehen Sie aufrecht und entspannt. Spannen Sie dann Ihre Beckenbodenmuskeln an, als ob Sie versuchen, Ihre Genitalien nach oben zu ziehen. Halten Sie diese Spannung dann für einige Sekunden, bevor Sie lockerlassen. 

Übung 5: Beinheben 

Stehen Sie aufrecht mit den Füßen schulterbreit auseinander. Heben Sie Ihre Arme seitlich auf Schulterhöhe und ziehen Sie zunächst das rechte Knie Richtung Brust. Um das Gleichgewicht zu erleichtern, können Sie das linke Bein leicht gebeugt halten, ohne es komplett durchzustrecken. Halten Sie die Position für einige Sekunden und wechseln Sie dann die Seite. 

Pflegegrad-12345 Hinweis:
Nach Operationen, insbesondere im Beckenbereich, ist es wichtig, sich an die Anweisungen und Empfehlungen des behandelnden Arztes zu halten. Wann mit dem Beckenbodentraining begonnen werden kann, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. In vielen Fällen wird empfohlen, mit dem Beckenbodentraining erst zu beginnen, wenn der Körper ausreichend geheilt ist und keine Schmerzen und Beschwerden mehr vorhanden sind. In der Regel kann dies einige Wochen nach der Operation der Fall sein. 

Beckenbodentraining mit Beckenbodentrainern 

Beckenbodentrainer sind Geräte oder Hilfsmittel, die dazu dienen, die Muskeln im Beckenboden gezielt zu stärken. Sie können in verschiedenen Formen vorkommen: 

  1. Biofeedback-Geräte: Diese Geräte messen die Muskelaktivität im Beckenboden und geben Rückmeldungen, um anzuzeigen, ob die Übungen richtig ausgeführt werden. 
  2. Elektrostimulationsgeräte: Sie senden sanfte elektrische Impulse aus, um die Beckenbodenmuskulatur zu stimulieren und zu trainieren. Diese können bei Personen mit Schwierigkeiten, die Muskeln bewusst zu aktivieren, hilfreich sein. 
  3. Vaginalkonen: Diese sind kleine, gewichtete Kegel, die in die Vagina eingeführt werden. Durch die Anstrengung sie zu halten, werden die Beckenbodenmuskeln trainiert. 
  4. Trainingshilfen: Manuelle Hilfsmittel wie Hanteln oder spezielle Bälle, die zwischen den Oberschenkeln eingeklemmt werden können, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken.