Ein Pflegefall innerhalb der eigenen Familie ist kein Einzelfall. Ein Unfall, Behinderung oder Erkrankung, als auch typische Altersleiden, führen zu einem pflegerischen Bedarfsfall. Insbesondere Angehörige müssen in dieser Situation vieles gleichzeitig koordinieren. Die Betreuung zu Hause bietet viele Vorteile. Der Betroffene kann weiterhin in seiner vertrauten Umgebung leben, wodurch soziale Kontakte erhalten bleiben. Die Eigenständigkeit wird unterstützt und bleibt länger erhalten. 

Inhalt

Betreuung zu Hause organisieren
Pflegegrad beantragen
Mit Pflegesachleistungen ambulanten Pflegedienst finanzieren
Pflegegeld beantragen
Pflegehilfsmittel beantragen für die Betreuung zu Hause
Unterstützung für die Betreuung zu Hause

Grundsätzlich bedeutet Betreuung zu Hause, dass der Betroffene in pflegerischen und/oder hauswirtschaftlichen Situationen Unterstützung von Angehörigen oder anderen dritten Personen erhält. Die Unterstützung erfolgt in den Bereichen, die der Betroffene nicht mehr allein bewältigen kann. Diese pflegerische Betreuung findet in der häuslichen Umgebung statt, nicht aber teil- oder vollstationär.

Auch vom Bund wird die Betreuung zu Hause unterstützt. Eine vollstationäre als auch teilstationäre pflegerische Betreuung soll erst wahrgenommen werden, wenn die Betreuung zu Hause nicht gewährleistet ist. Die Betreuung zu Hause steht vor der teilstationären Versorgung. Die teilstationäre steht vor der vollstationären Versorgung. Hierdurch soll die Eigenständigkeit als auch der gewohnte Wohnraum des Betroffenen so lang wie möglich aufrechterhalten werden. 

Pflegegrad12345-Hinweis:
Unter der Betreuung zu Hause versteht man die pflegerische und/ oder hauswirtschaftliche Versorgung eines Familienmitgliedes in seiner häuslichen Umgebung.

Betreuung zu Hause organisieren

Die pflegerische Betreuung und Versorgung wird von der Pflegekasse unterstützt und in einem festgelegten Rahmen finanziert. Stehst Du am Anfang der Organisation der Betreuung zu Hause Deines Angehörigen, kannst Du zwischen drei Varianten unterscheiden. Du kannst Pflegesachleistungen, Pflegegeld oder Kombinationsleistungen in Anspruch nehmen. Zusätzlich können verschiedene Angebote zur Unterstützung wahrgenommen werden. 

Pflegegrad beantragen

Um Pflegegeld oder Pflegeleistungen zu erhalten, benötigt der Pflegebedürftige einen Pflegegrad. Den Pflegegrad musst Du oder Dein pflegebedürftiger Angehöriger bei seiner Pflegekasse beantragen. Ist dieser dazu nicht in der Lage, kann eine andere Person stellvertretend den Antrag ausfüllen und einreichen. Wichtig ist, dass die Person für diese Tätigkeit bevollmächtigt ist. Wir empfehlen Dir, bei der Beantragung eine Kopie der Vollmacht oder des Betreuerausweises beizulegen. 

Grundsätzlich solltest Du einen Pflegegrad beantragen,  sobald Du Beeinträchtigungen feststellst. Leistungen werden erst ab dem Tag der Antragstellung rückwirkend gezahlt.

Um einen Pflegegrad zu erhalten, muss eine Pflegebedürftigkeit der betroffenen Person vorliegen. Grundsätzlich ergibt sich der Pflegegrad aus „der Schwere der Beeinträchtigung, der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person“ (Bundesgesundheitsministerium, 2018, o. S.).

Desto bedeutsamer die Einschränkung für die Selbstständigkeit und Fähigkeiten der betroffenen Person ist, umso höher wird diese im Pflegegrad eingestuft. Es werden fünf Pflegegrade unterschieden. Von Pflegegrad 1 (geringe Beeinträchtigung
der Selbstständigkeit) bis hin zu Pflegegrad 5 (schwerste Beeinträchtigung
der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung). Desto höher Dein Pflegegrad, desto mehr Pflegegeld oder Pflegeleistungen stehen Dir für die pflegerische Versorgung zu.

Beantragst Du zum ersten Mal einen Pflegegrad, handelt es sich um den Erstantrag. Es gibt vier Möglichkeiten einen Erstantrag zu stellen:

  1. Du rufst bei Deiner Pflegekasse an, um einen Antrag auf Pflegegrad zu stellen.
  2. Oder Du verfasst einen kurzen, formlosen Brief, indem Du einen Antrag auf Pflegeleistungen stellst. Wir empfehlen Dir, den Antrag schriftlich zu stellen, um im späteren Verlauf das genaue Datum der Antragstellung nachweisen zu können.
  3. Alternativ kannst Du einen Pflegestützpunkt aufsuchen und dort persönlich einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen. Pflegestützpunkte sind Unterstützungs- und Beratungsstellen in denen Du Auskunft und Hilfestellung zu pflegerischen Themen (wie beispielsweise die Antragstellung) erhältst.
  4. Auf der Internetseite der Pflegekasse kannst Du den Antrag direkt ausfüllen oder ein Formular herunterladen, ausfüllen und an die Pflegekasse schicken.

Nachdem der Antrag auf Pflegegrad bei Deiner Pflegekasse eingegangen ist, wird Deine Pflegebedürftigkeit geprüft. Der zuständiger Gutachter wird informiert und vereinbart einen Termin zur Feststellung Deiner Pflegebedürftigkeit. 

Der Medizinische Dienst (MD) übernimmt die MD / MDK Pflegebegutachtung für alle gesetzlich Krankenversicherten. Das Unternehmen MEDICPROOF ist für die sogenannte MEDICPROOF Begutachtungen von privat Krankenversicherten zuständig. Der Ablauf der Pflegebegutachtung ist bei beiden Unternehmen identisch.

Nach der Begutachtung erhältst Du einen schriftlichen Bescheid über den Dir zugewiesenen Pflegegrad. Du kannst nach Erhalt Deines Bescheides innerhalb einer vierwöchigen Frist Widerspruch einlegen. 

Pflegegrad12345-Hinweis:
Um Pflegegeld oder Pflegesachleistungen zu erhalten, benötigst Du einen Pflegegrad. Den Pflegegradantrag kannst Du persönlich, schriftlich oder über die Internetseite Deiner Pflegekasse stellen.

Mit Pflegesachleistungen ambulanten Pflegedienst finanzieren

Wenn du Dich dafür entscheidest, die Pflege im häuslichen Umfeld zu gestalten, so unterstützt Dich die Pflegeversicherung mittels unterschiedlicher Pflegeleistungen. Nimmst Du pflegerische Dienstleistungen eines ambulanten Pflegedienstes oder Einzelpflegekräfte in Anspruch, unterstützt Dich die Pflegeversicherung mit den sogenannten Pflegesachleistungen.

Unter Pflegesachleistungen fallen nach § 36 des elften Sozialgesetzbuches alle Tätigkeiten der Grundpflege und der häuslichen Versorgung, die von professionellen Pflegefachkräften erbracht werden. Ausgeschlossen ist die Behandlungspflege. Die Sachleistung entspricht der Naturalleistung (Pflege). Dein pflegebedürftiger Angehöriger erhält eine pflegerische Leistung durch eine Pflegefachkraft (ambulanter Pflegedienst oder Einzelfachkraft). Die pflegende Person muss durch einen Versorgungsvertrag dafür zugelassen sein. Der Umfang der Pflegeleistung ist durch einen monatlichen Leistungshöchstbetrag begrenzt. Die Höhe des Leistungsbetrages ergibt sich aus dem Pflegegrad Deines pflegebedürftigen Angehörigen. 

Hier siehst Du eine Tabelle mit den Pflegesachleistungen gestaffelt nach Pflegegraden.

Pflegebedürftigkeit in GradenPflegesachleistungen pro Monat
Pflegegrad 1
Pflegegrad 2761 Euro
Pflegegrad 31432 Euro
Pflegegrad 41778 Euro
Pflegegrad 52200 Euro
Quelle: Bundesgesundheitsministerium, 2024

Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 1 erhalten andere Leistungen. Unter anderem in den Bereichen Pflegeberatung, Versorgung mit Pflegehilfsmitteln oder Zuschüsse zur Verbesserung des Wohnumfeldes.

Pflegegrad12345-Hinweis:
Die ambulante Pflege wird direkt mit der Pflegekasse abgerechnet. Nach Vertragsabschluss mit einer ambulanten Pflegeeinrichtung werden alle pflegerisch erbrachten Leistungen, innerhalb des Leistungshöchstbetrages Deines Pflegegrades, von Deiner Pflegekasse finanziert und müssen nicht separat beantragt werden.

Pflegegeld beantragen

Nach § 37 Absatz 1 des elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) kannst Du anstelle einer häuslichen Pflegehilfe für Deine Pflege zuhause das Pflegegeld beantragen.

Das Pflegegeld ist ungebunden an die Art der Versorgung. Das bedeutet, die Pflege kann auch durch pflegende Angehörige oder ungelerntes Personal erfolgen. Voraussetzung für den Erhalt des Pflegegeldes ist, dass die häusliche Pflege selbst sichergestellt wird und der Betroffene mindestens den Pflegegrad 2 hat. Bekommt der Pflegebedürftige Pflegegeld, kann er selbst entscheiden wie und von wem er gepflegt wird. Das Pflegegeld wird von der Pflegekasse zweckgebunden auf das Konto des Pflegebedürftigen überwiesen. Dieser kann über die Verwendung des Geldes frei entscheiden. Der pflegende Angehörige bekommt In der Regel das Geld vom Pflegebedürftigen ausgezahlt. Das Pflegegeld wird dem Pflegebedürftigen von seiner Pflegekasse monatlich ausgezahlt. Die Höhe des Pflegegeldes ist abhängig vom Pflegegrad des Pflegebedürftigen. Ein vorhandener Pflegegrad ist indirekt also Voraussetzung zum Erhalt des Pflegegeldes. Je höher der Pflegegrad desto höher ist das Pflegegeld. 

Im folgenden siehst Du eine Tabelle mit den entsprechenden Pflegegraden und den daran gestaffelten Geldleistungen.

Pflegebedürftigkeit in GradenPflegegeld pro Monat
Pflegegrad 1
Pflegegrad 2332 Euro
Pflegegrad 3573 Euro
Pflegegrad 4765 Euro
Pflegegrad 5947 Euro
Quelle: Bundesgesundheitsministerium, 2021

Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf das Pflegegeld. Deren pflegerische Versorgung wird über andere Leistungen wie beispielsweise den Entlastungsbeitrag, Zuschüsse zur Wohnraumanpassung etc. gedeckt. 

Pflegegeld und Pflegeleistungen können auch kombiniert werden. So ist es grundsätzlich möglich, beispielsweise morgens durch einen ambulanten Pflegedienst betreut zu werden und abends übernehmen diese Tätigkeit pflegende Angehörige.

Pflegegrad12345-Hinweis:
Das Pflegegeld ermöglicht einem pflegebedürftigen Angehörigen selbst über die Art und Weise seiner Pflege zu entscheiden.

Pflegehilfsmittel beantragen für die Betreuung zu Hause

Nach § 40 SGB XI übernimmt Deine Pflegekasse Kosten für Hilfsmittel die im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sind. Das Hilfsmittelverzeichnis gilt für alle gesetzlich Krankenversicherten, während der Hilfsmittelkatalog für alle privat Krankenversicherten gilt. Die Kosten der Anschaffung werden übernommen oder das Produkt leihweise überlassen. Es werden technische Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zum Verbrauch , wie Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel unterschieden. 

Pflegende Angehörige oder Pflegebedürftige können ganz einfach die Pflegehilfsmittel zum Verbrauch bestellen. Verschiedene Anbieter im Internet versenden monatlich Boxen mit ausgewählten Pflegehilfsmitteln direkt zum Versicherten nach Hause. Sie übernehmen auch die Beantragung bei Deiner Pflegekasse.

Voraussetzung zur Beantragung eines technischen Hilfsmittel ist, dass es im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes eingetragen und die Anschaffung medizinisch notwendig ist. Dann erhältst Du als Pflegebedürftiger von Deinem behandelnden Arzt ein Rezept ausgestellt. Zu den technischen Pflegehilfsmitteln zählen beispielsweise Pflegebetten, spezielle Pflegebett-Tische oder Sitzhilfen zur Pflegeerleichterung

Unterstützung für die Betreuung zu Hause

Unabhängig, ob der Pflegebedürftige die Pflegeleistungen oder das Pflegegeld bezieht, gibt es nach Landesrecht anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag. Die Kosten hierfür werden rückwirkend erstattet. Die Angebote verfolgen das Ziel, pflegende Angehörige zu entlasten und den Pflegebedürftigen ein möglichst langen Aufenthalt im gewohnten Lebensraum zu ermöglichen. Die Umsetzung erfolgt, indem die sozialen Kontakte und selbstständige Alltagsführung des Pflegebedürftigen aufrechterhalten wird. Um pflegende Angehörige zu unterstützen, können beispielsweise zusätzlich Leistungen der Tages- oder Nachtpflege in Anspruch genommen werden.
Hierunter fällt auch der Entlastungsbeitrag. Dieser ist bereits ab dem Pflegegrad 1 erhältlich. Der Entlastungsbeitrag ist für Pflegebedürftige in der häuslichen Pflege. Du erhältst einen Zuschuss von bis zu 125 Euro monatlich (1500 Euro jährlich). Der Beitrag ist zweckgebunden und für qualitätsgesicherte Leistungen einzusetzen. Der Entlastungsbeitrag hat das Ziel, pflegende Angehörige zu entlasten und Pflegebedürftige in ihrer Selbstständigkeit zu bestärken. 

Pflegegrad12345-Hinweis:
Angebote zur Unterstützung sollen pflegende Angehörige und Pflegefachkräfte entlasten. Außerdem sollen sie dem Pflegebedürftigen eine selbstständige Alltagsführung und Eigenständigkeit ermöglichen.