Bei der Pflege eines Angehörigen, ist es häufig nicht einfach die Familie und das Berufsleben zu vereinbaren. Deshalb kann bei Pflegefällen, bei denen über einen gewissen Zeitraum ein höherer Pflegebedarf besteht (beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt) die sogenannte Pflegezeit in Anspruch genommen werden.

Von 4,3 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden dreiviertel häuslich gepflegt und davon 2,1 Millionen zu Hause durch pflegende Angehörige. Die Zahlen verdeutlichen, dass die häusliche pflegerische Versorgung durch Angehörige kein seltener Fall ist. Umso wichtiger ist es, die Pflegesituationen zu unterstützen und zu vereinfachen. Aus diesem Grund trat am 01.01.2015 das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft. 

Dieses Gesetz verfolgt das Ziel pflegende Angehörige zu entlasten, indem es diesen Möglichkeiten bietet, die Pflegetätigkeit und das Berufsleben besser zu koordinieren. 

Es gibt hier verschiedene Möglichkeiten, um für einen gewissen Zeitraum mehr Flexibilität zu erlangen:

Inhalt:
Auszeit im Akutfall
Pflegezeit
Familienpflegezeit
Voraussetzung für Pflegezeit
Anspruch auf Freistellung
Vorzeitige Beendigung
Besitze ich Kündigungsschutz bewährend der Pflegezeit?
Sozialversicherung während der Pflegezeit?
Förderungen der Pflegezeit
Kombinationsmöglichkeiten Pflegezeit und Familienpflegezeit
Pflegeunterstützungsgeld für Pflegezeit

Auszeit im Akutfall

Bevor die Pflegezeit in Anspruch genommen wird, kann eine 10-tägige Auszeit wahrgenommen werden, bei der Lohnersatzleistung geleistet werden. Den Anspruch auf Auszeit im Akutfall haben alle Beschäftigte unabhängig von der Unternehmensgröße. Die Lohnersatzleistung erfolgt über das Pflegeunterstützungsgeld. Dies ermöglicht pflegenden Angehörigen die neue Pflegesituationen zu organisieren oder sich im Akutfall um den Betroffenen kümmern zu können. Die Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist ein akuter Pflegefall beispielsweise durch einen Schlaganfall. Die Auszeit im Akutfall ermöglicht es die pflegerische Versorgung zu organisieren. Der Schutz der Kranken-, Renten-, und Arbeitslosenversicherung bleibt während der Auszeit im Akutfall weiterhin bestehen. Mehr zu der Thematik „Pflegeunterstützungsgeld“ erfährst Du weiter unten im Beitrag.

Pflegezeit

Die sogenannte Pflegezeit beschreibt einen Zeitraum, indem Du bis zu einer Dauer von sechs Monaten von deiner Arbeit freigestellt werden kannst. Während dieser Zeit bleibst Du weiterhin über Deinen Arbeitgeber sozialversichert. Du erhältst jedoch kein Gehalt. Die Freistellung kann vollständig oder in Teilzeit stattfinden. 

Familienpflegezeit

In der sogenannten Familienpflegezeit kannst Du Dich für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Teilweise bedeutet, dass Du eine Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden im Durchschnitt eines Jahres erbringen musst. 

Pflegegrad12345- Hinweis:
Die Pflegezeit gilt für einen Zeitraum von 6 Monaten, indem Du in Teil- oder Vollzeit von Deiner Arbeit freigestellt bist. Du erhältst jedoch kein Gehalt, bleibst allerdings sozialversichert. 

Voraussetzung für die  Pflegezeit

  • Du musst einen nahen Angehörigen in seiner häuslichen Umgebung betreuen. 

 Zu den nahen Angehörigen zählen: 

  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern 
  • Ehegatten, Lebenspartner, Partner in einer eheähnlichen oder 

lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft

  • Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, 

Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner,

  • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des 

Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder

  • Dein Angehöriger benötigt mindestens den Pflegegrad 1
  • Der Anspruch besteht ab einer Unternehmensgröße von 15 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. 
  • Die Pflegezeit muss zehn Tage vor Inanspruchnahme beim Arbeitgeber schriftlich angekündigt werden. Die schriftliche Ankündigung muss den Zeitraum und den Umfang beinhalten. Bei einer Freistellung in Teilzeit muss zudem die geplante Arbeitszeitverteilung angegeben werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet Deinen Wünschen nachzukommen, solange dem keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.
  • Die Pflegebedürftigkeit Deines Angehörigen muss dem Arbeitgeber durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen werden.

Anspruch auf Freistellung

Im Falle einer häuslichen oder außerhäusliche Pflege von Minderjährigen, nahen Angehörigen oder der Begleitung von nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase, kannst Du von den Voraussetzungen freigestellt werden.

Vorzeitige Beendigung

Die Pflegezeit kann unter Einverständnis des Arbeitgebers vorzeitig beendet werden. Sie kann auch beendet werden, wenn Deine zu betreuende Person verstirbt oder in eine stationäre Pflegeeinrichtung wechselt. Eine Beendigung kann auch stattfinden, wenn die häusliche Pflege des nahen Angehörigen aus bestimmten Gründen nicht zumutbar oder unmöglich wird. Grundsätzlich endet die Pflegezeit nach einer Übergangsfrist von vier Wochen nach Ablauf des in Anspruch genommenen Zeitraumes.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Unter Einverständnis des Arbeitgebers oder in bestimmten Ausnahmefällen, beispielsweise dem Übergang in eine Pflegeeinrichtung, kann die Pflegezeit vorzeitig beendet werden.

Besitze ich Kündigungsschutz bewährend der Pflegezeit?

Es gibt einen besonderen Kündigungsschutz für pflegende Angehörige, die eine Pflegezeit oder eine Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Der Kündigungsschutz besteht für zwölf Wochen vor angekündigtem Beginn bis zur Beendigung. Eine Kündigung ist nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen möglich. Ob es sich um eine besondere Ausnahme handelt, beurteilt die zuständige oberste Landesbehörde für Arbeitsschutz.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Pflegende Angehörige, die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen, genießen einen besonderen Kündigungsschutz.

Sozialversicherung während der Pflegezeit?

Grundsätzlich bleibt der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz während der Pflegezeit erhalten. In den meisten Fällen besteht in dieser Zeit eine Familienversicherung. Ist dieser Fall nicht gegeben, muss sich die Pflegeperson freiwillig krankenversichern. Die Pflegeversicherung folgt der Krankenversicherung. Aus diesem Grund reicht das Abschließen einer Krankenversicherung aus. Durch Antragstellung kann der Mindestbetrag der Krankenversicherung zurückgefordert werden. Die Voraussetzung hierfür ist ein vorhandener Pflegegrad des Pflegebedürftigen.

Die pflegende Person bleibt während der Pflegezeit rentenversichert, solange diese die pflegebedürftige Person (mit mindestens Pflegegrad 2-5) für zehn Stunden an mindestens zwei Tagen in der Woche pflegt. Des Weiteren darfst Du nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich berufstätig sein. Reduzierst du lediglich Deine Stundenanzahl während der Pflegezeit, bezahlt Dein Arbeitgeber weiterhin die Beiträge zur Rentenversicherung auf Basis des reduzierten Arbeitsentgelts. Auch die Arbeitslosenversicherung besteht bei einer Reduktion der Arbeitsstunden im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses weiter fort. Eine vollständige Freistellung bei der Arbeit zieht im Gegensatz dazu eine Versicherungspflicht nach sich, wenn Du einen Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 an mindestens zwei Tagen für 10 Stunden pflegst. Zusätzlich gilt, dass die Pflegeperson in der Arbeitslosenversicherung vor Aufnahme der Pflegetätigkeit versicherungspflichtig war oder Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte.

Auch die gesetzliche Unfallversicherung bleibt während der Pflegezeit bestehen. Pflegende Angehörige, die ihre Familienmitglieder an mindestens zwei Tagen in der Woche für wöchentlich 10 Stunden pflegen bleiben beitragsfrei unfallversichert. 

Pflegegrad12345- Hinweis:
Der Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung bleibt in der Regel während der Pflegezeit weiterhin erhalten. Beiträge der Renten- und Arbeitslosenversicherung werdenauf Basis des reduzierten Arbeitsentgelts weiter vom Arbeitgeber gezahlt. Auch die Unfallversicherung bleibt weiterhin beitragsfrei bestehen. Voraussetzung hierfür ist die Betreuung des Pflegebedürftigen (mit mindestens Pflegegrad 2) an zwei Tagen in der Woche für mindestens zehn Stunden.

Förderungen der Pflegezeit

Pflegende Angehörige, die sich für eine bis zu sechsmonatige Freistellung in Teil- oder Vollzeit entscheiden haben, haben einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Hiermit möchte der Staat fördern, dass eine Pflegezeit/ Familienpflegezeit in Anspruch genommen wird. Dieses Darlehen soll der Absicherung des Lebensunterhaltes dienen. Es kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden (www.bafza.de). Das Darlehen wird in monatlichen Raten ausgezahlt und soll das fehlende Nettogehalt bei einer Arbeitszeitreduzierung decken. Es kann auch ein niedrigeres Darlehen beantragen. Jedoch gibt es einen Mindestbetrag von monatlich 50 Euro.

Wenn Du eine vollständige Freistellung anstrebst, ist die Darlehensrate auf den Betrag begrenzt, der bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit während der Familienpflegezeit bei 15 Wochenstunden gezahlt würde. In kleineren Unternehmen, in denen Du nicht automatisch Anspruch auf eine Freistellung hast, kann diese unter beiderseitigem Einverständnis vereinbart werden. In diesem Fall hast Du auch einen Anspruch auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Pflegenden Angehörigen kann während der Freistellung ein zinsloses Darlehen gewährt werden. Die Höhe des Darlehens ist die Hälfte von der Differenz zwischen den pauschalierten Nettoentgelten vor und während der Freistellung.

Kombinationsmöglichkeiten Pflegezeit und Familienpflegezeit

Wenn alle Freistellungsmöglichkeiten nahtlos ineinander übergehen, können diese kombiniert werden. So kannst Du zuallererst eine Pflegezeit in Anspruch nehmen und danach dieFamilienpflegezeit. Die Angebote dürfen eine Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten. Wir empfehlen Dir, die Ankündigungsfristen der jeweiligen Freistellungsmöglichkeiten zu beachten und einzuhalten.

Pflegeunterstützungsgeld für Pflegezeit

Als Ausgleich für entgangene Arbeitsentgelte können pflegende Angehörige ein Pflegeunterstützungsgeld beantragen. Dieses ist auf zehn Arbeitstage begrenzt. Das Pflegeunterstützungsgeld wird bei allen Pflegegraden gezahlt. Es handelt sich hierbei um eine Entgeldersatzleistung. Das Pflegeunterstützungsgeld entspricht 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgeldes. Dies ermöglicht Dir, die Pflege Deines Angehörigen zu organisieren, auch kurzzeitig wie beispielsweise nach einem Herzinfarkt. Zudem gilt: „Wenn mehrere Beschäftigte ihren Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung zugunsten derselben bzw. desselben pflegebedürftigen nahen Angehörigen geltend machen, ist ihr Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld zusammen auf insgesamt bis zu zehn Arbeitstage begrenzt“ (Bundesgesundheitsministerium 2021).

Das Pflegeunterstützungsgeld muss unverzüglich bei der Pflegekasse Deines Angehörigen beantragt werden. Die ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit Deines Angehörigen kann bei der Pflegekasse oder dem privaten Pflegeversicherungsunternehmen nachgereicht werden. Der Arbeitgeber ist nämlich nur zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet, solange sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung ergibt.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Du hast als pflegender Angehöriger Anrecht auf Pflegeunterstützungsgeld. Dieses ist auf zehn Arbeitstage begrenzt. Es handelt sich hierbei um eine Entgeldersatzleistung.