Die Familienpflegezeit dient der besseren Verzahnung von Pflege und Beruf. Für pflegende Angehörige ist es nicht immer leicht den Spagat zwischen den vielfältigen Aufgaben im Beruf und in der Pflege zu schaffen. Durch das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, welches am 01.01.2015 in Kraft getreten ist, wurde ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit festgelegt. Hierbei hast Du einen Anspruch auf eine teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten bei einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden. Hierdurch kannst Du Dich als Arbeitnehmer/in bis zu einem Jahr von Deiner Arbeit freistellen lassen. Ziel ist es, Dir die Aufgabe als pflegender Angehöriger zu erleichtern.

Durch die Gesetzesänderung wurden die bestehenden Regelungen für das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familienpflegegesetz (FPfZG) weiterentwickelt und aufeinander abgestimmt. In der Pflegezeit kannst Du Dich für einen Zeitraum von 6 Monaten, Teil- oder Vollzeit von Deiner Arbeit freistellen lassen, bleibst jedoch weiterhin sozialversichert. Die Familienpflegezeit ermöglicht es Dir, auch über den Zeitraum der 6 Monate hinaus, aus dem Beruf aussteigen zu können. Insgesamt wird die pflegerische Versorgung von Angehörigen in ihrer häuslichen Umgebung unterstützt. Mehr zu der Thematik „Pflegezeit“ findest Du in unserem dazugehörigen Beitrag.

Inhalt:
Voraussetzung
Anspruch auf Freistellung bei der Familienpflegezeit?
Wie nehme ich die Familienpflegezeit in Anspruch?
Kombination Familienpflegezeit und Pflegezeit
Besitze ich Kündigungsschutz bei der Familienpflegezeit?
Sozialversicherung
Förderungen der Familienpflegezeit
Pflegeunterstützungsgeld für die Familiepflegezeit
Tipps

Pflegegrad12345- Hinweis:
Die Familienpflegezeit kann bis zu einer Dauer von 24 Monaten wahrgenommen werden und geschieht in der Regel in Teilzeit (Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden durchschnittlich im Jahr).

Voraussetzung

  • Die Versorgung des pflegebedürftigen Angehörigen muss in der häuslichen Umgebung stattfinden. Des Weiteren benötigt dieser mindestens den Pflegegrad 1.
  • Es gelten die Voraussetzung des „nahen Angehörigen“: 
  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern
  • Ehegatten, Lebenspartner, Partner in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft
  • Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,  Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner
  • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder
  • Der Anspruch auf Familienpflegezeit gilt nur in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten.
  • Der Antrag muss 8 Wochen vor der Freistellung gestellt werden. Bei der Ankündigung müssen der Umfang und die Gesamtdauer der Freistellung von der Arbeitsleistung angegeben werden. Hinzukommt die Angabe wie Du Deine Arbeitszeit künftig verteilen willst. 
  • Die Vereinbarung wird schriftlich getroffen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet Deinen Wünschen zu entsprechen. Ausnahme bildet der Fall, dass dringende betriebliche Gründe die Wünsche nicht ermöglichen.

Anspruch auf Freistellung bei der Familienpflegezeit?

Im Falle einer häuslichen oder außerhäusliche Pflege von minderjährigen nahen Angehörigen oder der Begleitung von nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase kannst Du von den Voraussetzungen freigestellt werden.

Wie nehme ich die Familienpflegezeit in Anspruch?

Diese muss 8 Wochen vor der gewünschten Inanspruchnahme schriftlich angekündigt werden. Du musst im Voraus ankündigen, in welchen Zeitraum und Umfang Du die Familienpflegezeit wahrnimmst. Falls Du diese in Teilzeit wahrnehmen möchtest, musst Du auch die gewünschte Stundenverteilung bekannt geben.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber über die Stundenverteilung. Die Stundenverteilung kann in Form einer Verringerung oder Umverteilung geschehen.

Nach §FPfZG hast Du die Möglichkeit deine Arbeitszeit für maximal 24 Monate auf ein Minimum von 15 Wochenstunden zu reduzieren. Insgesamt darf die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt (innerhalb eines Kalenderjahres) die Grenze von 15 Stunden nicht unterschreiten. Insgesamt sollte Dein Arbeitgeber sich Deinen Wünschen annehmen, außer es sprechen dringende betriebliche Gegebenheiten dagegen. Zusätzlich musst Du die Pflegebedürftigkeit Deines Angehörigen durch eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes nachweisen. Wenn Du zuallererst Pflegezeit in Anspruch nehmen möchtest und planst nachträglich noch in die Familienpflegezeit (Pflegezeit oder eine sonstige Freistellung nach § 3 PflegeZG) zu gehen, beträgt die Ankündigungsfrist 3 Monate.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Die Familienpflegezeit muss 8 Wochen vor Inanspruchnahme schriftlich angekündigt werden. Erfolgt die Familienpflegezeit in Kombination mit der Pflegezeit entspricht die Ankündigungsdauer 3 Monate.

Kombination Familienpflegezeit und Pflegezeit

Möchtest Du die Familienpflegezeit und die Pflegezeit miteinander kombinieren oder beide Leistungen wahrnehmen, so ist das möglich. Beide Leistungen zusammen dürfen den Zeitraum von 24 Monaten nicht überschreiten. Die Pflegezeit darf dabei nicht länger als 6 Monaten dauern. Die Kombination muss ohne Pause aufeinander folgen. Das bedeutet, Du musst zuallererst die Familienpflegezeit/ oder die Pflegezeit in Anspruch nehmen und nahtlos in die andere Leistung münden.

Besitze ich Kündigungsschutz bei der Familienpflegezeit?

Für pflegende Angehörige, die die Pflegezeit oder die Familienpflegezeit in Anspruch nehmen möchten, gibt es einen besonderen Kündigungsschutz. Der Kündigungsschutz tritt zwölf Wochen vor angekündigtem Beginn in Kraft und gilt bis zur Beendigung der Pflegezeit. Eine Kündigung ist lediglich in Ausnahmefällen möglich. Wann es sich hierbei um eine Ausnahme handelt, beurteilt die zuständige oberste Landesbehörde für Arbeitsschutz.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Pflegende Angehörige die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen genießen einen besonderen Kündigungsschutz.

Sozialversicherung

Der Rentenversicherungsschutz bleibt während der Familienpflegezeit weiterhin bestehen. Die Beiträge zur Rentenversicherung werden weiterhin auf Basis des reduzierten Arbeitsentgelts gezahlt. Die Pflegekasse zahlt zusätzlich für den Zeitraum der geleisteten Pflege Beiträge. Die Voraussetzung hierfür ist die Pflege des Angehörigen (mit einem der Pflegegrade 2-5) an zwei Tagen für mindestens zehn Stunden in der Woche bei einer Höchsterwerbstätigkeit von maximal 30 Stunden in der Woche.

Die Ansprüche an die Rentenkasse steigen mit der Höhe des Pflegegrades der zu betreuenden Person. Insgesamt ergibt dies ein Niveau der vollständigen Erwerbstätigkeit. Dein Rentenversicherungsträger berät Dich jederzeit inwiefern sich die Familienpflegezeit auf Deine Höhe des Rentenanspruches auswirkt.

Die Arbeitslosenversicherung besteht im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses weiterhin fort.

Die Unfallversicherung läuft für alle pflegenden Angehörigen die mindestens zwei Tage in der  Woche für mindestens zehn Stunden ihren pflegebedürftigen Angehörigen (mit mindestens Pflegegrad 2) betreuen weiterhin beitragsfrei.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Der Rentenversicherungsschutz bleibt während der Familienpflegezeit weiterhin bestehen. Die Arbeitslosenversicherung besteht im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses. Die Unfallversicherung besteht weiterhin beitragsfrei.

Förderungen der Familienpflegezeit

Pflegende Angehörige, die sich für eine bis zu sechs Monate lange Freistellung in Teil- oder Vollzeit entscheiden, haben Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Durch das Darlehen soll ein Anreiz gegeben werden, die Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen. Es soll helfen den Lebensunterhalt abzusichern. Das Darlehen wird beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt (www.bafza.de). Das Darlehen wird in monatlichen Raten ausgezahlt und deckt fehlende Nettogehalt, dass auf die Arbeitsreduzierung zurückzuführen ist. Auf Antrag kannst Du auch ein niedrigeres Darlehen beantragen. Jedoch gibt es einen Mindestbetrag von 50 Euro monatlich. Wenn Du eine vollständige Freistellung anstrebst, dann ist die Darlehensrate auf den Betrag, der bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit während der Familienpflegezeit von 15 Wochenstunden zu gewähren ist, begrenzt.

In kleineren Unternehmen, in denen Du nicht automatisch Anspruch auf eine Freistellung hast, kann diese unter beiderseitigem Einverständnis vereinbart werden. In diesem Fall besteht auch der Anspruch auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Pflegenden Angehörigen wird in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den pauschalierten Nettoentgelten vor und während der Freistellung ein zinsloses Darlehen gewährt.

Pflegeunterstützungsgeld für die Familienpflegezeit

Als Ausgleich für entgangene Arbeitsentgelte können pflegende Angehörige ein auf insgesamt bis zu zehn Arbeitstage begrenztes Pflegeunterstützungsgeld beantragen. Das Pflegeunterstützungsgeld wird für alle Pflegegrade gezahlt. Es handelt sich hierbei um eine Entgeldersatzleistung. Das bedeutet, dass das Pflegeunterstützungsgeld 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgeldes entspricht. Mit Hilfe dieses Geldes kannst Du die Pflege Deines Angehörigen organisieren, auch kurzzeitig wie beispielsweise nach einem Herzinfarkt. „Wenn mehrere Beschäftigte ihren Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung zugunsten derselben bzw. desselben pflegebedürftigen nahen Angehörigen geltend machen, ist ihr Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld zusammen auf insgesamt bis zu zehn Arbeitstage begrenzt“ (Bundesgesundheitsministerium 2021).

Das Pflegeunterstützungsgeld muss unverzüglich bei der Pflegekasse Deines Angehörigen beantragt werden. Die ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit Deines Angehörigen muss bei der Pflegekasse oder dem privaten Pflegeversicherungsunternehmen nachgereicht werden. Der Arbeitgeber ist nämlich nur zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet, solange sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung ergibt.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Du hast als pflegender Angehöriger Anrecht auf Pflegeunterstützungsgeld. Dieses entspricht einem auf bis zu zehn Arbeitstage begrenzten Arbeitsentgelt, welches als Entgeldersatzleistung gezahlt wird.

Tipps

Neben der zeitlichen Inanspruchnahme, die eine pflegerische Betreuung eines Angehörigen mit sich trägt, gibt es auch eine finanzielle Seite. Um Dich als pflegender Angehöriger in Deinen Tätigkeiten finanziell zu unterstützen, gibt es die Möglichkeit des Pflegegeldes. Durch das Pflegegeld kannst Du als Angehöriger für die pflegerischen Tätigkeiten bezahlt werden, solange die Versorgung in der häuslichen Umgebung stattfindet. Durch das Pflegegeld wird die pflegerische Versorgung Deines Angehörigen finanziell abgesichert. Das Pflegegeld wird ab Pflegegrad 2 von der Pflegekasse an den Pflegeempfänger gezahlt, um seine häusliche pflegerische Versorgung sicherzustellen. Die Höhe des Pflegegeldes ist abhängig von dem Pflegegrad des Betroffenen.

Bei weiteren Fragen können wir Dir die Broschüre „Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ empfehlen. Diese kann beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend heruntergeladen werden: www.bmfsfj.de > Suchbegriff: „Broschüre: Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“.

Deine individuelle Krankenkasse sowie Pflegestutzpunkte sind weitere Stellen, an denen Du Dich ausführlich beraten lassen kannst.

Pflegegrad12345- Hinweis:
Pflegebedürftige die in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt werden, können ab dem Pflegegrad 2 Pflegegeld beantragen. Das Pflegegeld kann an die pflegenden Angehörigen als „Bezahlung“ weitergeleitet werden.