Wohnformen wie Mehrgenerationenhäuser können Vereinsamung im Alter oder anderen demografisch bedingten Folgen entgegenwirken. Der demografische Wandel führt häufig zur Überforderung im Alltag und Einsamkeit. Viele Menschen benötigen heutzutage eine umfangreiche Unterstützung, die die allgemeine Lebenspraxis erleichtert. Bestimmte Wohnformen können dies fördern, indem sich Jung und Alt gegenseitig entlasten.

Der Mehrgenerationenhaushalt – Was ist der Unterschied zwischen einem Mehrgenerationenhaus und dem Mehrgenerationenwohnen?

Der Mehrgenerationenhaushalt ist eine Wohnform, bei der mindestens drei Generationen zusammenleben. Das gemeinsame Zusammenleben und das Wirtschaften in einem Haushalt findet hauptsächlich in Familien mit ledigen Kindern oder im Freundeskreis statt. Allerdings bestehen auch Wohnformen, die Orte der Begegnung schaffen, an denen sich junge und alte Bewohner*innen treffen und sich im Alltag gegenseitig unterstützen. Auch können mehrere Generationen unter einem Dach, aber in ihrem eigenen Haushalt leben. So können ebenfalls gegenseitige Unterstützungsangebote der Bewohner*innen bereitgestellt werden. 

Das Mehrgenerationenhaus und das Mehrgenerationenwohnen stellen Wohnkonzepte auf Grundlage des Mehrgenerationenhaushaltes dar, in denen die Besucher*innen oder die Bewohner*innen sich gegenseitig im Alltag unterstützen und nicht zwangsläufig durch geradlinige Abstammungsverhältnisse miteinander verwandt sind. Die Hausmitglieder unterscheiden sich dabei oft in ihrem Alter, ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer Kultur.

Mehrgenerationenwohnen

Das Mehrgenerationenwohnen ist ein Wohnkonzept, bei dem mehrere Generationen als Sozialgemeinschaft zwar unter einem Dach, aber auch in ihrem eigenen Haushalt zusammenleben. Somit hat jede Generation, durch beispielsweise eine eigene Wohnung, einen Privatbereich. Dennoch steht auch beim Mehrgenerationenwohnen der Gemeinschaftssinn im Vordergrund, indem sich die Bewohner*innen gegenseitig im Alltag unterstützen. So passen beispielsweise ältere Bewohner*innen auf die Kinder von arbeitstätigen Eltern auf und jüngere Bewohner*innen pflegen den Garten oder gehen einkaufen. Auch können Ressourcen, wie eine Gemeinschaftsküche oder Mehrzweckräume, gemeinsam genutzt und geteilt werden. Bei dieser Wohnform kann sich jeder mit seinen individuellen Stärken einbringen und seinen eigenen Beitrag zur Gemeinschaft leisten. Dennoch ist diese Wohnform auch eine Herausforderung, da unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden müssen.

Mehrgenerationenhäuser

Auch Mehrgenerationenhäuser dienen der gegenseitigen Unterstützung von jungen und alten Menschen. Die Mehrgenerationenhäuser schaffen Begegnungsorte, an denen das Miteinander der Bewohner*innen und Besucher*innen aktiv gelebt wird. Neben festen Wohnmöglichkeiten sind die offenen Treffpunkte das Herzstück der Mehrgenerationenhäuser und schaffen vor allem einen Raum für gemeinsame Aktivitäten und ein nachbarschaftliches Miteinander, in dem jeder unabhängig von seinem Alter oder seiner Herkunft willkommen ist. Im offenen Treff können die Besucher*innen und auch die Bewohner*innen  sich mit ihren individuellen Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen und zugleich von den Kenntnissen der anderen profitieren, sodass unter anderem auch eine generationenübergreifende Unterstützung ermöglicht wird. Insgesamt werden sogar bundesweit rund 530 Mehrgenerationenhäuser durch das Bundesprogramm „Mehrgenerationenhaus. Miteinander-Füreinander“ von 2021 bis 2028 gefördert.

Das Konzept von Mehrgenerationenhäusern

Das Konzept von Mehrgenerationenhäusern ergibt sich vor allem durch den Austausch der Besucher*innen, Bewohner*innen und den engagierten Mitarbeiter*innen, da die Angebote somit auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zugeschnitten werden können. Die passenden Angebote sind vielfältig und werden eng mit den jeweiligen Kommunen und weiteren Partnerinnen und Partnern erarbeitet. Insbesondere in strukturschwachen Regionen können Mehrgenerationenhäuser gegen Einsamkeit vorbeugen und einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung leisten, wenn zum Beispiel arbeitstätige Eltern eine Aufsicht für ihre Kinder benötigen oder ältere Personen eine Begleitung für ihren nächsten Arzttermin brauchen. Um den individuellen Bedürfnissen und Anforderungen vor Ort gerecht zu werden, gewähren die unten aufgeführten Handlungsfelder den Kommunen einen Spielraum zur Gestaltung ihrer Angebote und Arbeit.

Die Handlungsfelder von Mehrgenerationenhäusern

  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Unterstützung bei beruflichen und familiären Anforderungen (z.B. erweiterte Angebote der Kinderbetreuung)
  • Vereinbarkeit von Familie und Pflege durch Unterstützung pflegender Angehöriger bei der Pflege von Familienmitgliedern (z.B. Entlastungsangebote) 
  • Selbstbestimmtes Leben im Alter und ein aktives Miteinander durch vielfältige Teilhabemöglichkeiten (z.B. Freizeitangebote, Seniorenbeiräte, Fahrdienste) 
  • Jugendgerechte Gesellschaft durch Förderung attraktiver gesellschaftlicher Perspektiven (z.B. Jugendparlamente, Jugendsozialarbeit und Teilhabe durch Mitgestaltung)
  • Arbeitsmarktnähe und Beschäftigung durch und Förderung der individuellen Stärken von Menschen, die nicht am Erwerbsleben teilhaben (z.B. Bewerbungstrainings oder Mentoringangebote) 
  • Integration von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte durch den Abbau von Sprachbarrieren und gesellschaftliche Teilhabe (z.B. Sprachcafés)
  • Partizipations- und Demokratieförderung durch Stadtteilkonferenzen, Nachbarschaftsaktionen oder „runde Tische“ 
  • Digitale Bildung zur Stärkung digitaler Kompetenzen durch Beratungs- und Unterstützungsangebote (z.B. Smartphone-Kurse)
  • Kooperation zwischen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft durch unterschiedliche Aktionen zum Austausch (z.B. Team-Events, Coachings oder Ehrenamtstage)
  • Ökologische Nachhaltigkeit durch einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt und Ressourcen (z.B. Repair-Cafés)

Neben den Handlungsfeldern verfolgen die Mehrgenerationenhäuser auch insgesamt vier Querschnittsaufgaben, die ineinandergreifen. Diese umfassen: generationsübergreifende Arbeit, Teilhabe, freiwilliges Engagement und Sozialraumorientierung. Insbesondere das freiwillige Engagement stellt einen wichtigen Bestandteil zur Ausrichtung eines Mehrgenerationenhauses dar, da somit erst die vielfältigen Angebote ermöglicht werden können. Häufig wird dies durch ehrenamtliche Mitarbeiter*innen unterstützt.

Vor- und Nachteile von Mehrgenerationenhäuser

Das Konzept der Mehrgenerationenhäuser bietet viele Vorteile, aber auch zahlreiche Herausforderungen, die folglich dargestellt werden.

Vorteile

  • Gegenseitige Hilfestellung von älteren und jüngeren Personen 
  • Entlastung pflegender Angehöriger und arbeitstätigen Eltern 
  • Stärkung des Gemeinschaftsgefühls durch die soziale Integration
  • Förderung der Eigenständigkeit und Privatsphäre der Bewohner*innen 
  • Kostengünstiges Wohnen im Vergleich zu einer Pflegeeinrichtung 
  • Schaffung neuer Kontaktmöglichkeiten 
  • Bereitstellung von Fördermittel bei anerkanntem Pflegegrad der Bewohner*innen
  • Förderung des selbstbestimmten Lebens im häuslichen Umfeld

Nachteile

  • Eingeschränkte Privatheit und Rückzugsmöglichkeiten durch das offene Wohnkonzept 
  • Erhöhtes Konfliktpotential durch unterschiedliche Interessen und räumliche Nähe
  • Verantwortung für die Mitbewohner*innen durch Unterstützungsangebote 
  • Versorgung von pflegebedürftigen Personen durch professionelle Hilfe (z.B. Pflegedienst) notwendig

Kriterien zur Prüfung eines geeigneten Mehrgenerationenhauses

Da das Wohnen im Mehrgenerationenhaus nicht für jede Person geeignet ist, sollten Interessenten zunächst prüfen, ob es zu ihnen passt. Auch wenn Mehrgenerationenhäuser zahlreiche Vorteile mit sich bringen, kann das Konzept für einige Personen auch sehr belastend sein. Beispielsweise kann die eingeschränkte Privatsphäre für Einzelgänger problematisch werden. Auch kann die Verantwortungsübernahme für andere Mitbewohner*innen zu einem ständigen sozialen Druck führen. 

Notwendige Kriterien zur Prüfung von Mehrgenerationenhäusern

  1. Wo liegt die Wohnanlage und wie groß ist sie?
  2. Wer sind meine Mitbewohner*innen und verstehe ich mich mit ihnen?
  3. Welche Kosten kommen auf mich zu?
  4. Ist das Zusammenleben, durch beispielsweise Hausregeln, geregelt?
  5. Muss eine Wohnanlage erworben werden oder gibt es bereits eine? 
  6. Wie werden die Aufgaben auf die Bewohner*innen verteilt?

Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten für Mehrgenerationenhäuser

Die Kosten für ein Mehrgenerationenhaus variieren je nach Trägerschaft. Hierbei ist entscheidend, ob das Mehrgenerationenhaus im privaten Besitz ist oder öffentlich gefördert wird. Somit kann das Mehrgenerationenhaus entweder durch öffentliche Mittel (z.B. Kommunen, Länder, Bund, EU) oder durch eigene Einnahmen finanziert werden. Auch eine Finanzierung durch Spenden oder Kooperation mit Unternehmen ist möglich.

Umsetzung und Kosten eines privaten Mehrgenerationenhauses 

Bevor man sich dazu entscheidet ein eigenes Mehrgenerationenhaus zu kaufen, ist es wichtig, dass folgende Eigenschaften der Immobilie zunächst geprüft werden: 

  1. Ist die Immobilie barrierefrei? 
  2. Ist die Immobilie groß genug für alle Mitbewohner*innen? 
  3. Liegt die Immobilie im bisherigen Lebensradius? 
  4. Ist die Immobilie finanzierbar? 

Insgesamt spielen die Lage, die Infrastruktur und der Kostenfaktor eine wichtige Rolle bei der Auswahl des passenden Mehrgenerationenhauses. Die Auswahl richtet sich dabei auch nach dem privaten Eigenkapital der Bewohner*innen. Die Finanzierung eines Mehrgenerationenhauses unterscheidet sich im Grunde nicht von der Finanzierung einer anderen Immobilie. Die Besonderheit bei einem Mehrgenerationenhaus ist, dass das hierfür beantragte Darlehen durch mehrere Einkommen der Generationen zurückgezahlt werden kann. Oft ist es auch sinnvoll, wenn die jüngere Generation die Eigentümer*innen des Mehrgenerationenhauses sind, da bei vielen Banken das maximale Alter zur möglichen Baufinanzierung bei 50-65 Jahren liegt. Zudem kann es passieren, dass die ältere Generation nicht als Kreditnehmer berücksichtigt wird. Dennoch kann das Darlehn des Mehrgenerationenhauses dann durch sogenannte jährliche Sondertilgungen schneller zurückgezahlt werden. Auch die KfW-Förderung bietet mit dem Programm „Altersgerecht Umbauen“ eine Finanzierungsmöglichkeit zum Abbau von Barrieren und zum besseren Einbruchschutz. Hierfür können zinsgünstige Kredite erhalten und Investitionskostenzuschüsse für barrierefreie Umbaumaßnahmen beantragt werden. Die Höhe der zinsgünstigen Kredite ist von der Anzahl der Wohneinheiten abhängig. Bei zwei voneinander getrennten Wohneinheiten können bis zu 100.000 Euro Kredit für den altersgerechten Umbau in Anspruch genommen werden. Bei einer Wohneinheit sind es 50.000 Euro. Auch bei bestehenden Pflegegraden, die aufgrund einer Pflegebedürftigkeit festgestellt werden, können die Bewohner*innen finanzielle Unterstützungen für bauliche Maßnahmen erhalten.

Umsetzung und Kosten eines öffentlichen Mehrgenerationenhauses

Falls die private Finanzierung eines Mehrgenerationenhauses nicht möglich ist, kann das Angebot von öffentlichen Mehrgenerationenhäusern in Anspruch genommen werden. Häufig werden öffentliche Mehrgenerationenhäuser durch Wohnprojekte von Genossenschaften, Mietgruppen oder Baugemeinschaften finanziert. Die häufigste Form bei Wohnprojekten sind Baugenossenschaften, die sich zum Zweck des Baus eines gemeinsamen Hauses zusammenschließen. Allerdings muss dabei die Auswahl der Mitbewohner*innen sehr genau und detailliert erfolgen, da diese häufig fremde Personen sind und dies wiederum durch Interessenunterschiede zu möglichen Konflikten führen kann. Auch die Miete in öffentlichen Mehrgenerationenhäusern gestaltet sich unterschiedlich, da statt einer Miete eine monatliche Nutzungsgebühr bezahlt wird, die häufig niedriger als die ortsübliche Miete ist. Nach Abschluss des Kaufs oder Neubaus eines Mehrgenerationenhauses werden den Mitgliedern die Wohnungen zur Vermietung bereitgestellt und sie verfügen über ein lebenslanges Wohnrecht. Den Neubau eines Mehrgenerationenhauses finanzieren die Mitglieder darüber hinaus gemeinsam, weshalb sie anteilig auch für alle anfallenden Baukosten verantwortlich sind. Auch die Nebenkosten, die neben der eigenen Wohnung auch für das gesamte Mehrgenerationenhaus anfallen (z.B. Gärtner, Hausmeister, Reinigung), werden von allen Mitgliedern getragen. Mehrgenerationenhäuser, die im Bundesprogramm „Mehrgenerationenhaus. Miteinander-Füreinander“ verankert sind, erhalten zudem einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von bis zu 40.000 Euro jährlich je Mehrgenerationenhaus. Hierfür ist jedoch eine Kofinanzierung von Kommunen, Landkreisen und/oder Ländern in Höhe von 10.000 Euro erforderlich. Die Maßnahmen des Programms sind vom 01. Januar 2021 bis zum 31.Dezember 2028 angelegt. Die Aufnahme in das Programm des Bundes ist davon abhängig, ob die Mehrgenerationenhäuser zur Bewältigung der bestehenden Anforderungen des demografischen Wandels in strukturschwachen oder strukturstarken Regionen beitragen. Dies kann durch Angebote erfolgen, die gute Entwicklungschancen und faire Teilhabemöglichkeiten aller Menschen berücksichtigen.

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