Um einen Pflegegrad zu beantragen und zu erhalten, muss eine Pflegebedürftigkeit der betroffenen Person vorliegen. Nur wer einen Pflegegrad erhält, bekommt Geld und Leistungen von der Pflegekasse.

Inhalt

Pflegegrad beantragen: Erstantrag
Tipps: Pflegegrad beantragen
Pflegegrad: Voraussetzungen
Wer kann einen Pflegegrad beantragen?
Wann einen Pflegegrad beantragen?
Pflegegrad beantragen: Unterstützung finden
Pflegegrad beantragen: Bearbeitungsfristen der Pflegekasse

Pflegegrad beantragen: Erstantrag

Es gibt vier Möglichkeiten einen Antrag zu stellen:

  1. Du rufst bei Deiner Pflegekasse an, um einen Pflegegradantrag zu stellen.
  2. Du verfasst einen kurzen formlosen Brief, indem Du einen „Antrag auf Pflegeleistungen“ stellst. Wir empfehlen den Antrag schriftlich zu stellen, wodurch Du das genaue Datum der Antragsstellung nachweisen kannst.
  3. Alternativ kannst Du einen Pflegestützpunkt aufsuchen und dort persönlich einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen. Jedes Bundesland hat „Pflegestützpunkte“ in denen Unterstützungs- und Beratungsangebote stattfinden. Aufgrund der Corona-Pandemie wird aktuell darum gebeten Kontakt schriftlich, telefonisch oder per Mail aufzunehmen.
  4. Auf der Internetseite Deiner Pflegekasse kannst Du den Antrag direkt ausfüllen oder ein Formular herunterladen, ausfüllen und an Deine Pflegekasse schicken.
  • Pflegegrad beantragen bei der AOK
  • Pflegegrad beantragen bei der DAK
  • Pflegegrad beantragen bei der Barmer
  • Pflegegrad beantragen bei der TK
  • Pflegegrad beantragen bei der Knappschaft
  • Pflegegrad beantragen bei der Allianz
  • Pflegegrad beantragen bei der SBK
  • Pflegegrad beantragen bei der IKK Classic
  • Pflegegrad beantragen bei der KKH
  • Pflegegrad beantragen bei der SVLFG

Nachdem Du einen Antrag auf einen Pflegegrad gestellt hast, sendet Dir die Pflegekasse Formulare zu. Diese Formulare unterscheiden sich je nach Pflegekasse. Hast Du die Antragsformulare ausgefüllt und an die Pflegekasse zurückgesendet, teilt Dir ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) einen Termin zur Pflegebegutachtung mit.  Bei Privatversicherten erfolgt dies durch das Unternehmen MEDICPROOF. Nach der Begutachtung erhältst Du einen schriftlichen Bescheid über den Dir zugewiesenen Pflegegrad.

Tipps: Pflegegrad beantragen

  • Wenn Du die Antragsformulare der Pflegeversicherung ausfüllst, erwarten die Versicherungen konkrete Angaben zu den gewünschten Leistungen. Du kannst wählen, ob Du Zuhause durch einen Angehörigen, durch einen ambulanten Pflegedienst oder einen stationären Pflegedienst betreut werden möchtest. Die Art der pflegerischen Betreuung (ambulant, stationär oder durch Angehörige) sollte gut durchdacht sein. Du kannst auch verschiedene Angebote durch Kombinationsleistungen miteinander verbinden. Beispielsweise könnte Dich vormittags ein ambulanter Pflegedienst versorgen und nachmittags ein Angehöriger.
  • Der Gutachter kommt nach vorheriger Terminvereinbarung in die Wohnung oder in die Pflegeeinrichtung des Antragstellers. Im Idealfall ist beim Termin der pflegende Angehörige oder die betreuenden Personen anwesend. Der Austausch mit dem Umfeld des Antragstellers hilft dem Gutachter, sich ein Bild über die Eigenständigkeit und des Hilfebedarfes zu machen.
  • Wenn Dein Pflegegradantrag abgelehnt wird oder Du ernsthafte Zweifel an Deiner Einstufung hast, kannst Du innerhalb von 4 Wochen schriftlich Widerspruch gegen den Beschluss einlegen. Dieser Widerspruch hat eine erneute Begutachtung durch einen anderen Gutachter des MD zur Folge. Kommt der zweite Gutachter anschließend zu derselben Entscheidung, kann ein zweites Mal Widerspruch eingelegt oder nach 6 Monaten ein neuer Antrag gestellt werden.

Pflegegrad: Voraussetzungen

Die Voraussetzungen unterscheiden sich von Pflegegrad zu Pflegegrad. Es wird zwischen 5 Pflegegraden unterschieden. Pflegegrad 1 bedeutet eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Dies erstreckt sich bis zum Pflegegrad 5, bei dem eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegt.

Um die Voraussetzungen für einen Pflegegrad zu prüfen, erfolgt die Begutachtung des Antragsstellers nach einem Begutachtungsassessment (NBA). Es basiert auf der Grundlage eines Punktesystems. Damit eine Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt, müssen mindestens 12,5 Punkte erreicht werden. Die Höchstpunktzahl beträgt 100. Es gilt, je höher die ermittelte Punktzahl des Antragsstellers, desto unselbstständiger wird die betroffene Person eingestuft. Daraus resultiert die Zuweisung in einen (höheren) Pflegegrad.

PflegegradePunktebereichBeeinträchtigungen der Selbstständigkeit
und Fähigkeiten
Pflegegrad 112,5 bis unter 27 Punktegeringe Beeinträchtigung
Pflegegrad 227 bis unter 47,5 Punkteerhebliche Beeinträchtigung
Pflegegrad 347,5 bis unter 70 Punkteschwere Beeinträchtigung
Pflegegrad 470 bis unter 90 Punkteschwerste Beeinträchtigung
Pflegegrad 590 bis 100 Punkteschwerste Beeinträchtigung mit besonderen
Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2019

Für die Ermittlung der Punktzahl zieht der Gutachter sechs Module (Lebensbereiche) heran. Für jedes Modul vergibt er Punkte, die unterschiedlich gewichtet werden. Die Punkteskala reicht von 0 bis 100, wobei 100 für den höchsten Grad der Unselbstständigkeit steht. Aus der ermittelten Gesamtpunktzahl der sechs Module und dem Gewichtungsverfahren erfolgt die Zuweisung eines Pflegegrades.

ModulModulinhaltGewichtung
Modul 1Mobilität10 %
Modul 2Kognitive und kommunikative Fähigkeiten15 %*
Modul 3Verhalten und psychische Problemlagen15 %*
Modul 4Selbstversorgung40 %
Modul 5Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits-
oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
20 %
Modul 6Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte15 %
*Die höhere Punktzahl aus den Modulen 2 und 3 zählt, Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2019

Wer kann einen Pflegegrad beantragen?

Der Antrag wird von der pflegebedürftigen versicherten Person selbst gestellt. Ist sie dazu nicht in der Lage kann eine andere Person den Antrag stellvertretend ausfüllen und einreichen.

In den meisten Fällen wird dieser von Familienangehörigen, Nachbarn oder guten Bekannten ausgefüllt. Die Personen müssen bevollmächtigt sein. Lege in diesem Fall eine Kopie der Vollmacht oder den Betreuerausweis bei.

Wann einen Pflegegrad beantragen?

Häufig entwickelt sich eine Pflegebedürftigkeit als schleichender Prozess. Sobald Du den Eindruck erhältst, Du benötigst Hilfe und Unterstützung im Alltag, sollte ein „Antrag auf Pflegegrad“ gestellt werden. Es herrscht häufig der Irrglaube, dass Pflegeleistungen erst beantragt werden können, wenn die Selbstständigkeit des Betroffenen nicht mehr gegeben ist. Es geht aber vielmehr darum, körperliche oder geistige Fähigkeiten zu erhalten.

Wir empfehlen frühzeitig einen Antrag zu stellen. Leistungen erhältst Du erst ab dem Moment der Antragsstellung. Wenn Du einen Antrag auf Pflegeleistungen im März stellst, Du oder Dein Angehöriger schon seit Januar pflegebedürftig ist, gibt es trotz allem erst ab März Pflegeleistungen.

„Entscheidend für den Leistungsbeginn ist das Datum der Antragstellung, nicht der Eintritt der Pflegebedürftigkeit.“ (Bundesgesundheitsministerium, 2018, o. S.)

Pflegegrad beantragen: Unterstützung finden

Falls Du Dir Unterstützung wünschst, um einen Pflegegrad zu beantragen, ist Deine Pflegekasse verpflichtet, dir innerhalb von zwei Wochen nach der Antragstellung einen Ansprechpartner zu vermitteln. Er kann Dich beraten und Du kannst ihm Deine Fragen stellen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit sich jederzeit an eine Pflegeberatungsstelle zu wenden. Adressen findest Du auf der Seite „Zentrum für Qualität in der Pflege“.

Bearbeitungsfristen der Pflegekasse

Es gibt eine gesetzlich vorgegebene Bearbeitungsfrist für Anträge auf Pflegeleistungen von 25 Arbeitstagen. Eine Verkürzung der Regelung besteht dann, wenn es zur Sicherstellung Deiner weiteren Versorgung erforderlich ist, wie beispielsweise bei

  • einem Krankenhausaufenthalt,
  • bei Unterbringung in einer stationären Rehabilitationseinrichtung,
  • einem Hospiz
  • oder während einer ambulant-palliativen Versorgung.

Eine Verkürzung der Bearbeitungsdauer bedeutet für Dich, schneller die Einstufung in Deinen Pflegegrad und zeitnäher Pflegeleistungen zu erhalten.

Das gilt nicht nur für die Beantragung des Pflegegrades, sondern auch für die Beantragung von Pflegezeiten.

Kommt die Pflegekasse ihrer Pflicht auf Beurteilung innerhalb der nächsten 25 Tage nach Eingang des Antrages nicht nach, hat diese für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro an den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Pflegekasse die Verzögerung zu vertreten hat. Pflegebedürftige in vollstationärer Pflege mit mindestens Pflegegrad 2, sind aus dieser Regelung ausgeschlossen.