Der Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe der Pflegebedürftigkeit und richtet sich an Menschen, die vor 2017 im System der Pflegestufen noch keine Unterstützung erhielten. Dies sind beispielsweise Personen mit geringen körperlichen Beeinträchtigungen aufgrund von Wirbelsäulen- oder Gelenkerkrankungen. Ziel vom Pflegegrad 1 ist die frühzeitige Hilfestellung für betroffene Personen, um ihre Selbstständigkeit möglichst lange zu erhalten und ihnen den Verbleib in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung zu ermöglichen.

Jedem Pflegegrad stehen bestimmte Geld- und Sachleistungen der Pflegekasse zu. Im Pflegegrad 1 erhältst Du als pflegebedürftige Person oder als pflegender Angehöriger entsprechende Leistungen von der Pflegeversicherung. Die gesetzliche Grundlage basiert auf dem Paragraphen 15 im elften Gesetzbuch (§15 SGB XI), der von “geringen Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten” spricht.

Inhalt

Von Pflegestufen zu Pflegegraden – Der neue Pflegegrad 1
Pflegegrad 1 beantragen, um Leistungen zu erhalten
Pflegebegutachtung
Welche Voraussetzungen muss ich für Pflegegrad 1 erfüllen?
Wie viel Geld bekomme ich bei Pflegegrad 1 und welche Leistungen stehen mir zu?
Pflegeberatung
Leistungen bei Pflege im häuslichen Umfeld
Leistungen: Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege
Leistungen bei vollstationärer Pflege
Pflegehilfsmittel als Leistung
Technische Hilfsmittel
Leistung: Wohnraumanpassung
Wohngruppenzuschlag und Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulanten Wohngruppen

Pflegegrad12345-Hinweis:
Es gibt fünf Pflegegrade und jedem stehen bestimmte Geld- und Sachleistungen der Pflegekasse zu. Der Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe der Pflegebedürftigkeit

Von Pflegestufen zu Pflegegraden – Der neue Pflegegrad 1

Die Pflegereform des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) löst die drei Pflegestufen durch die fünf Pflegegrade ab. Der wesentliche Unterschied liegt in der Berechnungsgrundlage für die neuen Pflegegrade. So entscheidet nicht mehr der zeitliche Aufwand für die tägliche Pflege, sondern der tatsächlich vorhandene Grad der Selbstständigkeit über die Einstufung in einen Pflegegrad.

Der Pflegegrad 1 wurde durch das PSG II neu eingeführt und war im vorherigen System der Pflegestufen nicht vorgesehen. Dieser Pflegegrad wird Menschen zugeteilt, die vor 2017 keine Pflegestufe erhalten hatten, die jedoch Unterstützung benötigen. Mit dem Pflegegrad 1 wird der Personenkreis, welcher Leistungen von der Pflegeversicherung erhält, größer. Vor allem Demenzerkrankungen werden mit diesem Pflegegrad nun berücksichtigt.

Pflegebedürftige Versicherte, die bereits in einer Pflegestufe eingeordnet waren, wurden ab Januar 2017 mittels schriftlichen Bescheides von der Pflegekasse in einen höheren Pflegegrad übergeleitet.

Die folgende Tabelle stellt die Überleitungen von den Pflegestufen in die neuen Pflegegrade dar:

Seit 2017:
Pflegegrade orientieren sich am Grad der Selbstständigkeit
Bis 2017:
Pflegestufen orientierten sich am Zeitaufwand
Pflegegrad 1War nicht vorgesehen
Pflegegrad 2Pflegestufe 0 und
Pflegestufe 1
Pflegegrad 3Pflegestufe 1 mit eingeschränkter Alltagskompetenz und
Pflegestufe 2
Pflegegrad 4Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz und
Pflegestufe 3
Pflegegrad 5Pflegestufe 3 mit eingeschränkter Alltagskompetenz und
Pflegestufe 3 mit Härtefall
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2019

In dieser Tabelle findest Du die alte Berechnungsgrundlage der Pflegestufen sowie die aktuelle Einteilung der Pflegegrade:

PflegegradePflegestufen
Aktuelle Berechnungsgrundlage seit 2017 orientiert am Grad der SelbstständigkeitAlte Berechnungsgrundlage bis 2017 orientiert am Pflegezeitaufwand
Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der SelbstständigkeitPflegestufe 0: bis 45 Minuten
Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der SelbstständigkeitPflegestufe 1: über 45 Minuten
Pflegegrad 3: schwere BeeinträchtigungPflegestufe 2: ab 120 Minuten
Pflegegrad 4: schwerste BeeinträchtigungPflegestufe 3: ab 240 Minuten
Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigung und besondere Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2019

Pflegegrad12345-Hinweis:
Der Pflegegrad 1 war im vorherigen System der Pflegestufen nicht vorgesehen. Das System der Pflegegrade berücksichtigt Demenzerkrankungen.

Pflegegrad 1 beantragen, um Leistungen zu erhalten


Um Pflegeleistungen im Pflegegrad 1 zu erhalten muss der Versicherte einen „Antrag auf einen Pflegegrad“ bei seiner Pflegekasse stellen. Da die Pflegekasse meistens der zuständigen Krankenkasse angegliedert ist, können die gleichen Kontaktdaten genutzt werden. Die Antragstellung kann formlos per Brief, telefonisch oder durch die dafür bereitgestellten Formulare auf den Internetseiten der jeweiligen Krankenkassen durch die pflegebedürftige Person erfolgen. Alternativ können bevollmächtigte Familienangehörige, Nachbarn oder Bekannte die Antragstellung übernehmen. Nachdem Du einen Antrag auf einen Pflegegrad gestellt hast, wird die Pflegekasse tätig und sendet Dir ein Formular zu. Hast Du die Antragsformulare ausgefüllt und an die Pflegekasse zurückgesendet, teilt Dir der Gutachter einen Termin zur Begutachtung mit. Bist Du bereits einem Pflegegrad zugeordnet, möchtest ihn aber anpassen, so kannst Du einen „Antrag auf Anpassung des Pflegegrades“ stellen. Den Antrag so früh wie möglich stellen, denn Leistungen gibt es erst ab dem Monat der Antragstellung.


  1. „Antrag auf Pflegegrad“ bei Deiner Versicherung stellen.
  2. Zugesandtes Antragsformular ausfüllen und zurücksenden.
  3. Termin für Pflegebegutachtung festlegen.

Pflegebegutachtung

Nach der Antragstellung erfolgt die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit im Auftrag der Pflegekassen durch den Medizinischen Dienst (MD). Privatversicherte stellen einen Antrag bei ihrem privaten Versicherungsunternehmen. Hier erfolgt die Begutachtung durch MEDICPROOF durch.

Im Regelfall erfolgt die Begutachtung nach vorheriger Terminvereinbarung in der Wohnung oder in einer Pflegeeinrichtung, je nachdem, wo die zu begutachtende Person lebt. Für individuelle pflegerische Informationen ist es hilfreich, wenn pflegende Angehörige oder Betreuer zu diesen Terminen anwesend sind und Auskunft geben können.

Pflegegrad12345-Hinweis:
Die Pflegebegutachtung erfolgt nach vorheriger Terminvereinbarung durch den MD oder das Unternehmen MEDICPROOF. Während der Corona Pandemie verläuft die Begutachtung telefonisch.

Welche Voraussetzungen muss ich für Pflegegrad 1 erfüllen?

Die Begutachtung erfolgt nach einem Begutachtungsassessment (NBA), welches auf der Grundlage eines Punktesystems basiert. Hierbei beträgt die Höchstpunktzahl 100. Es gilt, je höher die ermittelte Punktzahl des Antragsstellers, desto unselbstständiger wird die betroffene Person eingestuft. Daraus resultiert die Zuweisung in einen (höheren) Pflegegrad. Für die Ermittlung der Punktzahl zieht der Gutachter sechs Module heran. Für jedes Modul vergibt er Punkte, die unterschiedlich gewichtet werden. Die Punkteskala reicht von 0 bis 100, wobei 100 für den höchsten Grad der Unselbstständigkeit steht. Die sechs Module beinhalten folgende Bereiche:


ModulModulinhaltGewichtung
Modul 1Mobilität10 %
Modul 2Kognitive und kommunikative Fähigkeiten15 %*
Modul 3Verhalten und psychische Problemlagen15 %*
Modul 4Selbstversorgung40 %
Modul 5Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits-
oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
20 %
Modul 6Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte15 %
*Die höhere Punktzahl aus den Modulen 2 und 3 zählt, Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2019

Diese Tabelle zeigt Dir eine Übersicht der gewichteten Modulpunkte und den zugewiesenen Pflegegrad:

Tabelle: Punkte für die Pflegegrade 1,2,3,4 und 5
Pflegegrad 112,5 bis unter 27 Punkte
Pflegegrad 227 bis unter 47,5 Punkte
Pflegegrad 347,5 bis unter 70 Punkte
Pflegegrad 470 bis unter 90 Punkte
Pflegegrad 590 bis 100 Punkte
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2019

Voraussetzung für die Einstufung in den Pflegegrad 1: bei der Begutachtung werden zwischen 12,5 und unter 27 Punkte ermittelt. Somit liegt eine geringe körperliche oder kognitive Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vor.

Pflegegrad12345-Hinweis:
Die Pflegebegutachtung erfolgt auf Grundlage eines Punktesystems; begutachtet werden 6 Lebensbereiche. Je höher die Punktzahl des Antragsstellers, desto höher der zugewiesene Pflegegrad.

Wie viel Geld bekomme ich bei Pflegegrad 1 und welche Leistungen stehen mir zu?

Im Pflegegrad 1 liegen vergleichsweise wenig körperliche oder geistige Einschränkungen vor. Die Antragsteller sind überwiegend selbstständig. Aus diesem Grund sind für diesen Pflegegrad keine ambulanten Sachleistungen durch Pflegedienste oder Pflegegeld vorgesehen. Die Leistungen seitens der Pflegekasse für Versicherte im Pflegegrad 1 zielen auf die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person ab. Ziel ist es, dem Pflegebedürftigen den Verbleib in seiner vertrauten häuslichen Umgebung zu ermöglichen.

Geldleistungen bei Pflegegrad 1
LeistungsartLeistung und Häufigkeit
Vollstationäre PflegeKein Anspruch
PflegegeldKein Anspruch
PflegesachleistungenKein Anspruch
Betreuungs- und Entlastungsleistungen125 Euro pro Monat
VerhinderungspflegeKein Anspruch
KurzzeitpflegeKein Anspruch
Tages- und NachtpflegeKein Anspruch
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch40 Euro pro Monat
Zuschüsse zum Hausnotruf23 Euro pro Monat
WohnraumanpassungEinmalig bis zu 4.000 Euro
Wohnraumgruppenzuschuss214 Euro pro Monat
Anschubfinanzierung zur Gründung
von ambulant betreuten Wohngruppen
Einmalig bis zu 2.500 Euro
Quelle: Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. , 2020

Wenn Du als pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 1 unselbstständiger wirst und somit in Deinem alltäglichen Leben auf mehr Hilfe angewiesen bist, kannst Du bei der Pflegekasse einen Antrag auf Einstufung in einen höheren Pflegegrad stellen.

Pflegeberatung

Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch auf eine umfassende, individuelle Pflegeberatung von ihrer Pflegekasse, damit bereits frühzeitig auf die konkrete Pflegesituation eingegangen werden kann. Weitere Beratungsangebote bieten auch nahegelegene Pflegestützpunkte. Auf der Internetseite des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) findest Du in der Datenbank alle gelisteten Pflegestützpunkte. Zudem haben Versicherte im Pflegegrad 1 einen Anspruch auf einen häuslichen Beratungseinsatz durch eine hierfür zugelassene Pflegefachkraft. Dieses Angebot kann einmal im Halbjahr angefordert werden. Ferner haben pflegende Angehörige die Möglichkeit, kostenfrei an einem Pflegekurs der Pflegekassen teilzunehmen. Aufgrund der Corona-Krise stellen viele Pflegekassen ihre Kurse für pflegende Angehörige um und bieten den Pflegekurs als E-Learning-Angebot an.

Pflegegrad12345-Hinweis:
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch auf eine umfassende, individuelle Pflegeberatung von ihrer Pflegekasse.

Leistungen bei Pflege im häuslichen Umfeld

Dir als pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 1 oder als Angehöriger steht ein Betreuungs- und Entlastungsbeitrag nach §45b SGB XI von monatlich bis zu 125 Euro zu. Diese Pflegesachleistung dient der Unterstützung im Alltag, beispielsweise durch Haushaltshilfen oder durch Begleitungen zum Arzt, zu Behörden oder zu Konzerten. Der Betreuungs- und Entlastungsbeitrag ist zweckgebunden und es gilt das Kostenerstattungsprinzip. Das heißt, der Pflegebedürftige muss ein passendes Angebot auswählen, wie beispielsweise eine wöchentliche Haushaltshilfe, und zahlt diese zunächst aus eigener Tasche. Anschließend erstattet die Pflegeversicherung den Betrag, nachdem die Rechnung eingereicht wurde. Wenn der Entlastungsbeitrag nicht vollkommen ausgeschöpft wird, kann er in die Folgemonate des laufenden Jahres und sogar in das folgende Kalenderjahr transferiert werden. Den Betreuungs- und Entlastungsbeitrag kannst Du auch für Leistungen ambulanter Pflegedienste im Bereich der körperbezogenen Selbstversorgung, wie die Hilfe beim Duschen oder Baden, einsetzen. Dies ist in den anderen Pflegegraden 2-5 nicht möglich.

Pflegegrad12345-Hinweis:
Im Pflegegrad 1 stehen Dir monatlich 125 Euro für Betreuungs- und Entlastungsleistungen zu, die Du auch für die Grundpflege durch einen ambulanten Pflegedienst nutzen kannst.

Leistungen: Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege

Zudem kannst Du den monatlichen Entlastungsbeitrag von 125 Euro für die Tages- und Nachtpflege oder für die Kurzzeitpflege einsetzen. Diese Leistung gehört zu den sogenannten teilstationären Pflegeleistungen und kommt insbesondere Pflegebedürftigen zugute, die aufgrund körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen nicht im Stande sind, während der Abwesenheit ihrer Pflegeperson allein in ihrem häuslichen Umfeld zu bleiben. Der Pflegebedürftige wird dann in der Regel abgeholt und in einer Einrichtung betreut. Nach der Betreuung wird er wieder nach Hause gebracht. Die teilstationäre Pflege wird jedoch nur dann bewilligt, wenn dies zwingend erforderlich ist und die häusliche Pflege nicht im ausreichenden Umfang möglich ist.

Pflegegrad12345-Hinweis:
Du kannst den monatlichen Entlastungsbeitrag von 125 Euro für die Tages- und Nachtpflege oder für die Kurzzeitpflege einsetzen.

Leistungen bei vollstationärer Pflege

Wählen Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 die vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim, so zahlen sie die Kosten für die stationäre Pflege und die anfallenden Eigenbeiträge für Unterkunft, Verpflegung und anteilige Investitionskosten fast allein. Sie können lediglich den monatlichen Entlastungsbeitrag von 125 Euro dafür anrechnen.

Pflegehilfsmittel als Leistung

Als weitere Unterstützung steht Dir ein monatlicher Zuschuss für Pflegehilfsmittel zu. Diese Hilfsmittel wie Einmalhandschuhe oder Schutzmasken werden mit bis zu 40 Euro monatlich bezuschusst. Du kannst Dir monatlich eine Pflegehilfsmittelbox im Wert von 40 Euro zuschicken lassen. Es gibt verschiedene Anbieter im Internet.

Technische Hilfsmittel

Technische Hilfsmittel, wie ein Hausnotrufsystem, werden mit bis zu 23 Euro im Monat gefördert. Die Kosten für den einmaligen Anschluss des Hausnotrufes wird von der Pflegekasse übernommen.

Leistung: Wohnraumanpassung

Für die altersgerechte Wohnraumanpassung, wie beispielsweise den Umbau der Dusche oder den Einbau eines Treppenlifts, werden einmalig bis zu 4.000 Euro bezuschusst. Erhöht sich der Hilfebedarf, so kann der Zuschuss unter Umständen erneut beantragt werden.

Wohngruppenzuschlag und Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulanten Wohngruppen

Wohnst Du in einer ambulant betreuten Wohngruppe im Sinne des Rechts der Pflegeversicherung, steht Dir monatlich ein Zuschuss von 214 Euro zur Verfügung. Zudem ermöglicht die Anschubfinanzierung für die Gründung von Pflege-Wohngruppen einmalig eine Förderung von bis zu 2.500 Euro. Maximal dürfen 4 Mitbewohner der Wohngemeinschaft diese Förderung erhalten. Somit ist die Anschubfinanzierung einer Wohngemeinschaft auf 10.000 Euro gedeckelt.